WISSENSCHAFTLICHES ARBEITEN IN DER BACHELORARBEIT

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung in das Wissenschaftliche Arbeiten

Hinter jeder Hausarbeit im Studium, aber vor allem auch hinter jeder Bachelor- und Masterarbeit steht der Anspruch, wissenschaftlich zu arbeiten. Doch was verbirgt sich eigentlich dahinter? Eine Arbeit – ganz egal ob Abschlussarbeit oder veröf- fentlichte Studie in einer Fachzeitschrift – muss verschiedenen Qualitätskriterien und wissenschafts-ethischen Standards genü- gen, um als wissenschaftlich anerkannt zu werden. In der Fachli- teratur gibt es eine Vielzahl an Kriterien, die für ein wissenschaft- liches Schriftstück unerlässlich sind. Dazu zählen unter anderem Ehrlichkeit, Objektivität, Überprüfbarkeit, Relevanz oder auch Originalität.

 

In seinem Werk „Zur Rationalität der Wissenschaftsethik” fasst es Paul Hoyningen-Huene wie folgt zusammen:

 

„Wissenschaftliches Arbeiten ist planvoll geordnetes Vorgehen mit dem Ziel, neue Erkenntnisse und neues Wissen zu gewinnen sowie Praxisprobleme zu lösen. Dies kann ohne oder mit konkreten Verwertungsabsichten geschehen, im eigenen Fachgebiet oder interdisziplinär. Zur wissenschaftlichen Arbeit gehört es, an das weltweit gesammelte und wissenschaftlich erworbene Wissen anzuknüpfen, vorhandene Wissensbestände zu analysieren und zu überprüfen und sich über den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Diskussion im eigenen Sachgebiet kundig zu machen. Die eigenständig und im Austausch mit anderen gewonnenen Erkenntnisse sowie die systematisch und kreativ entwickelten Lösungen werden veröffentlicht und müssen für an- dere nachvollziehbar, überprüfbar und nutzbar sein. .“

 

2. Das kleine 1×1 des Wissenschaftlichen Schreibens

 

Damit Deine Abschlussarbeit am Ende die Bestnote erhält, müs- sen nicht nur der Inhalt und die allgemeine Form stimmen, sondern auch der Sprachstil. Der Schreibstil Deiner Abschlussarbeit macht ca. 20% der Gesamtnote aus und sollte daher nicht ver- nachlässigt werden. Sicherlich hast Du bereits durch einige Haus- arbeiten und im Zuge Deiner Literaturrecherche ein Gefühl dafür bekommen, wie wissenschaftliche Texte geschrieben sind. Es gibt zahlreiche Ratgeber, die sich nur darauf fokussieren, akademische Schreibkompetenz zu vermitteln und Formulierungen und Phra- sen zu erklären, die Deinem Text den letzten wissenschaftlichen und professionellen Schliff geben. Solltest Du Dir nicht ganz sicher sein, wie Du gute und hochwertige wissenschaftliche Tex- te schreibst, dann kann ein Ratgeber ein guter Begleiter im Schreibprozess ein – neben dem direkten Feedback von Deinem Betreuer zu Textpassagen. Da das Thema „Wissenschaftliches Schreiben” eigene Bücher füllen kann, haben wir uns hier be- wusst entschieden, dieses Thema nicht im Detail zu behandeln, sondern auf geeignete Fachbücher zu verweisen. Dennoch möch- ten wir Dir die wichtigsten Tipps und Tricks kurz vorstellen.

 

Ein wissenschaftlicher Schreibstil ist gekennzeichnet durch:

  • sachliche Formulierungen ohne eigene Emotionen oder Bewertungen

  • klare und präzise Formulierungen, die falsche Interpretationen minimieren

    ◦ Besonders missverständliche Bezugswörter vermeiden

  • verständliche, kurze und nachvollziehbare Sätze

    ◦ Keine mehrzeiligen Schachtelsätze, die den Lesefluss behindern

    ◦ Keine unnötigen Füllwörter 62

  • den sinnvollen Einsatz von Fach- und Fremdwörtern

    • Nicht jeder Satz muss ein Fremdwort enthalten, nur weil es eins gibt

    • Fachbegriffe aus dem eigenen Themenfeld sollten an der richtigen Stelle verwendet werden

  • das Vermeiden von Über- oder Untertreibungen sowie Anglizismen

  • die angemessene Verwendung von Abkürzungen

    ◦ hier können Studien und Texte aus der Literaturre- cherche helfen, ein Gefühl für gängige Abkürzungen im Fachbereich zu bekommen

  • eine einheitliche Positionierung zu geschlechtergerechter Sprache

    • Du solltest Dich für eine Form des Genderns entschei- den und diese konsequent beibehalten, oder zu Beginn des Textes in einer Fußnote auf die Verwendung des generischen Maskulin verweisen

  • das Verfolgen einer logischen Abfolge innerhalb einer Ar- gumentation

    • D.h. Du stellst eine These auf, beschreibst dieses Argu- ment genauer und lieferst ein Beispiel aus der Litera- tur und/oder der Praxis, nennst nachfolgend mögliche Gegenargumente und kommst zu einer abschließen- den Schlussfolgerung, in welcher Du beide Seiten ei- ner Argumentation gegenüberstellst.

Eine wissenschaftliche Schreibweise verdeutlicht in ihrer Form, dass es auf den Inhalt ankommt und dieser möglichst professio- nell und hochwertig präsentiert werden soll. Wichtige Aussagen kommen in Hauptsätze, weitere Informationen (z.B. Erklärungen) in Nebensätze. Zu Beginn eines neuen Absatzes solltest Du im er- sten Satz die wichtigste Kernaussage des Absatzes nennen und diese dann in den folgenden Sätzen weiter beschreiben.

 

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3. Formulierungshilfen für Wissenschaftliches Arbeiten

 

Im Verlauf Deiner Abschlussarbeit hast Du die Möglichkeit, ver- schiedene Zeitformen zu verwenden. Manche Hochschulen und Lehrstühle haben – da es hier häufig zu Unklarheiten kommen kann – eigene Vorgaben erstellt, die Dir vorschreiben, in welchem Teil Deiner Arbeit Du in welcher Zeitform schreiben sollst. Wenn es keine Vorgaben gibt, dann wird ein Großteil in der Regel im Präsens geschrieben (z.B. „Die Arbeit befasst sich mit…“; „Das Ziel ist es, herauszufinden..“; „Unter Investitionen wird in der Literatur… verstanden.“).

Das Präsens wird für alle Beschrei- bungen verwendet, die unabhängig von der Zeit ihre Gültigkeit haben. Perfekt oder Präteritum werden gewählt, wenn etwas in der Vergangenheit passiert ist und dieser Prozess auch in der Vergangenheit abgeschlossen ist (z.B. „Der Forschungsbereich hat in den 1980er Jahren die Auffassung vertreten, dass…“ oder „Schmidt und Müller (2018) fanden heraus, dass…“).

Wenn Du im Text auf Deine Methode und die Durchführung verweist, dann verwendest Du ebenfalls Perfekt oder Präteritum (z.B. „An der Umfrage haben 290 Personen teilgenommen.“ oder „Eine qualitative Inhaltsanalyse wurde durchgeführt.“). Im Ergebnisteil kannst Du diese Zeitform mit Blick auf Deine Hypothesen und For- schungsergebnisse weiterverwenden (z.B: „Die dritte Hypothese konnte nicht bestätigt werden.“ oder „Die statistische Analyse hat ergeben, dass…“). Für die Interpretation und das Fazit wechselst Du dann wieder ins Präsens (z.B. „Die Abschlussarbeit zeigt den Zusammenhand zwischen A und B“).

Neben der korrekten Verwendung von Zeitformen solltest Du bei einer akademischen Arbeit außerdem darauf achten, möglichst durchgehend aktiv zu schreiben, das heißt passive Sätze zu vermeiden. Wenn Du beispielsweise auf ein Studienergebnis verwei- sen möchtest, kannst Du aktiv formuliert schreiben „Schmidt und Müller führten eine Studie zum Thema autonomes Fahren durch“,

was gleich ansprechender wirkt als die passive Formulierung „Eine Studie zum Thema autonomes Fahren wurde von Schmidt und Müller durchgeführt.“.

Ein weiterer Tipp ist die Verwendung von Verben anstelle von Substantiven. Ein sogenannter Verbalstil lässt sich flüssiger und lebendiger lesen als ein Nominalstil. Bei- spielsweise ist der Satz: „Mentoring Systeme verbessern die Ar- beitszufriedenheit“ verständlicher als im Nominalstil geschrieben: „Mentoring Systeme führen zu einer Verbesserung der Arbeitszu- friedenheit“.

 

4. Arbeiten von Bachelorarbeiten

 

Nach dieser kurzen Einführung zu der Grundidee des wissen- schaftlichen Arbeitens und Schreibens, möchten wir Dir hier ein- mal die verschiedenen Arten von Abschlussarbeiten vorstellen. Auch hier gilt wie immer: Sprich mit Deinem Betreuer und in- formiere Dich am Lehrstuhl oder bei der Fachschaft, ob es spezi- elle Vorgaben oder Empfehlungen für Deinen Fachbereich gibt. Auch ein Blick in alte Abschlussarbeiten kann helfen, ein Gefühl dafür zu bekommen, welche Art von Arbeiten und welches For- mat in der Vergangenheit häufig gewählt wurde und wie die Ar- beiten in der Literatur bisher strukturiert waren.

Ganz grundsätzlich gibt es beim wissenschaftlichen Arbeiten im- mer die Unterscheidung zwischen Arbeiten, die literaturbasiert sind (sogenannte Literaturarbeiten) und zwischen solchen, die in irgendeiner Form Daten erheben und/oder auswerten (sogenann- te empirische Arbeiten). Bei Letzterem gibt es dann noch einmal die Unterscheidung, ob qualitativ oder quantitativ gearbeitet wird, oder ob beide Methoden in einem sogenannten Mixed-Methods-Design kombiniert werden. Nicht jedes Forschungsdesign und jede Art eignet sich für jede Forschungsfrage, weshalb es wichtig ist, sich frühzeitig Gedanken darüber zu machen, welche Art der Arbeit sich im eigenen Fachbereich anbietet und welche persönlichen Präferenzen Du selbst hast (neben möglichen Vor- gaben oder Empfehlungen seitens der Hochschule). Es gibt dabei nicht die eine Art, die besser ist als eine andere, sondern lediglich verschiedene Ziele und Quellen bzw. Daten, die mit unterschied- lichen Ansätzen ausgewertet und analysiert werden können. Wir möchten Dir hier daher einmal die zentralen Arten von Ab- schlussarbeiten vorstellen, und außerdem kurz auf Vor- und Nachteile eingehen sowie eine Einschätzung abgeben, was mit der jeweiligen Wahl signalisiert werden kann – beispielsweise mit Blick auf deinen zukünftigen Arbeitsmarkt.

 

 

LITERATURARBEIT

EMPIRISCHE ARBEITPRAXIS ARBEIT

Eine Literaturarbeit setzt sich anhand vorhandener Literatur mit einem bestimmten Thema auseinander. Im Kern steht hier die kritische Auseinandersetzung mit veröffentlichten Texten und Quellen.

Erkenntnisgewinn durch Datenerhebung und Auswertung von selbst erhobenen Daten (Primärdaten) oder von bereits existenten Daten (Sekundärdaten).Erarbeiten einer praktischen Fragestellung, die ein konkretes (unternehmerisches) Problem als Kerninhalt hat.

Systemic Review: Überblick zum aktuellen Stand der Forschung (state of the art research) in einem bestimmten Forschungsgebiet bzw. mit Blick auf die Beantwortung einer Forschungsfrage.

 

Eigene Datener- hebung (quantitativ) Durchführung von statistischen Verfahren zur Erhebung von neuen Daten (z.B. Experimente, standardisierte Fragebögen, Messungen, Eye- Tracking-Studien

Unternehmenskooperation

Zusammenarbeit mit einem Unternehmen, um dort ein konkretes Problem zu lösen. Thema und Fragestellung werden in der Regel vorgegeben. Abschlussarbeiten aus Unternehmenskooperationen können qualitativ sein.

 

Eigene Datener- hebung (qualitativ)

Durchführung von nicht-statistischen Verfahren zur Erhebung nicht standardisierter Daten (z.B. Experteninterviews, Fokusgruppen bzw. Gruppendiskussionen, Beobachtungen).

 

Case Study

In einer Case Study wird eine meist sehr komplexe Situation in einem Unternehmen beschrieben, sowie das Vorgehen und die Ansätze zur Lösung. Hier geht es explizit darum, einen Einzelfall genau zu beleuchten.

 

 

Sekundäre Datenaus- wertung (quantitativ)

Zusammenstellung und Auswertung von bereits existenten Datensets (z.B. Datensets von ande- ren Forschern, alten Studien, Unternehmen, In- stituten, EU, OECD, Bundesministerien etc.).

 
 

Sekundäre Datenaus- wertung (qualitativ)

Auswertung von bereits existierenden Texten (z.B. Analyse von Zeitungsartikeln, sprachliche Interviewanalyse etc.).

 

 

5. Die Literaturarbeit (Bachelorarbeit / Abschlussarbeit)

 

Die Literaturarbeit ist eine reine Theoriearbeit. Hier geht es dar- um, dass Du einen bestimmten Forschungsgegenstand mit theo- retischem Material beschreibst und einer Forschungsfrage auf Grund von bereits existenten Quellen nachgehst. Am Ende der Abschlussarbeit soll der Leser – und damit die wissenschaftliche Gemeinschaft – ein besseres und fundierteres Verständnis davon haben, wie das Forschungsgebiet bisher betrachtet wurde, welchen Trends und Themen nachgegangen wurde und in welche Richtung sich ein Gebiet entwickelt. Unterlagen und Informatio- nen bekommst Du bei einer Literaturarbeit vor allem aus Online- und Offline-Datenbanken, beispielsweise aus Fachjournalen Dei- nes Forschungsbereichs. Im Methodenteil einer Literaturarbeit geht es darum, darzustellen, in welchen Datenbanken Du Deine Quellen gefunden hast, nach welchen Stichworten und Suchbe- griffen Du gesucht hast und welche Quellen und Inhalte Du für Deine Ergebnisse mit einbeziehst. Im Ergebnisteil beantwortest Du die eingangs gestellte Forschungsfrage anhand der Erkenntnisse, die Du aus den verschiedenen Quellen gewonnen hast. Hier bieten sich vor allem Tabellen an, in denen Du die zentralen Er- kenntnisse der Hauptquellen übersichtlich darstellen kannst. Die Diskussion bewertet die im Hauptteil gesammelten Informatio- nen und Inhalte vor dem Hintergrund der Forschungsfrage. Bei- spiele für Literaturarbeiten aus Deinem Fachbereich findest Du, wenn Du Deinen Themenbereich und die Stichworte „Literature  Review“, „Systematic Reviews“ oder „systematisches Review“ suchst. Wenn Du Dir ausschließlich quantitative (d.h. statistische) Ergebnisse früherer Studien in einer Übersichtsarbeit anschauen möchtest, dann findest Du diese Arbeiten unter dem Stichwort „Metaanalyse“ bzw. „Metastudie“. Für Literaturarbeiten sollte dein Englisch sehr gut sein, da ein Großteil der akademischen Welt in englisch publiziert und daher Deine Quellenzusamm

 

Vorteile der Literaturabreit

Literaturarbeiten bieten sich vor allem als Bachelorarbeiten an, da eine fundierte Quellenanalyse eine Grundlagenkompetenz ist, die Du in der Regel bereits in mehreren Hausarbeiten unter Beweis stellen konntest und daher schon Erfahrung in diesem Bereich hast. Alle Daten sind bereits vorhanden, sodass Du nicht selber für das Generieren neuer Daten zuständig sein musst und daher auch nicht auf externe Personen angewiesen bist (z.B. Teilnehmer bei Experimenten, Umfragen oder Interviews). Eine Literaturar- beit ist sehr gut planbar (da es keine Verzögerungen oder uner- wartete Fehlschläge in Experimenten oder bei einer Datenaus- wertung geben kann), sodass sie sich auch anbietet, wenn Du einen sehr starren und wenig flexiblen Zeitplan vorgegeben hast. Außerdem musst Du hierfür kein Vorwissen zu Statistikprogram- men mitbringen.

 

Nachteile der Literaturabreit

Grundsätzlich haben Literaturarbeiten einen sehr geringen Pra- xisbezug, und es wird schwierig, zu ganz aktuellen Themen zu ar- beiten, da Du hier immer erst auf Veröffentlichungen in Fachzeitschriften warten musst. Ein möglicher Nachteil kann es außer- dem sein, dass es je nach Betreuer und Lehrstuhl schwieriger sein kann, zu zeigen, dass man einen eigenen wissenschaftlichen Bei- trag geleistet hat, da man selber keine neuen Daten generiert, sondern bereits existentes Wissen miteinander verknüpft. Hier solltest Du also unbedingt abklären, wie detailliert Du Deine Ei- genleistung und den Mehrwert für die Forschungsgemeinschaft herausarbeiten sollst. Außerdem solltest Du beachten, dass Du Dich nicht in der Literatur verlierst und immer noch mehr Quel- len mit aufnimmst, da Du sowieso niemals alle relevanten Studi- en finden wirst und zudem noch jeden Tag mehrere hundert neue Beiträge veröffentlicht werden. Hier musst Du also aufpassen, dass Du und Dein Prüfer nicht den Überblick über das Thema verlieren und ihr am besten gemeinsam einen klaren Zeitpunkt ausmacht, bis zu dem ihr Ergebnisse berücksichtigt.

 

Signalwirkung der Literaturarbeit

Wenn Du im Studium bereits ein spannendes Forschungsgebiet oder einen interessanten Themenbereich gefunden hast, den Du anschließend weiterverfolgen möchtest, dann kann eine Literatu- rarbeit als Abschlussarbeit eine gute Grundlage für weitere wissenschaftliche Forschung bieten. Bei der Bewerbung auf Mas- terstudienplätze oder Promotionsplätze kann eine Literaturarbeit signalisieren, dass Du Dich bereits intensiv, d.h. theoretisch fun- diert mit einem Thema auseinandergesetzt hast, welches Du im Anschluss zum Beispiel empirisch weiter untersuchen möchtest. Mit Blick auf zukünftige Arbeitgeber und den Arbeitsmarkt kann eine Literaturarbeit ein gutes Argument sein, um zu belegen, dass Du Dich tief in ein Fachthema einarbeiten kannst, dass Du kom- plexe Quellen verstehen und sinnvoll in Zusammenhänge bringen kannst und dass Du Dich jetzt sehr fundiert in einem konkreten Fachgebiet auskennst.

 

Systematic Review und Metaanalysen

Eine besondere Form der Literaturarbeit ist ein sogenanntes Sys- tematic Review. Hinter dem Namen verbirgt sich das systema- tische Zusammenstellen und Analysieren von Fachliteratur zu ei- nem bestimmten Thema bzw. einer bestimmten Forschungsfrage, um eine aktuelle Übersicht über den bisherigen Forschungsstand zu bilden. Durch die Analyse der bisher veröffentlichten Studien in Fachzeitschriften können strukturiert Wissens- bzw. For- schungslücken aufgezeigt werden und Hinweise gegeben werden, welche Teilgebiete in zukünftiger Forschung noch weiterbearbei- tet werden könnten. Werden quantitative Daten und Studiener- gebnisse zusammengestellt, wird von einer Metaanalyse gespro- chen. Beide Verfahren sind sogenannte Sekundäranalysemetho- den, da es keine eigene Datenerhebung gibt, sondern lediglich mit bereits publizierten Erkenntnissen und Daten gearbeitet wird.

 

6. Die Empirische Arbeit (Bachelorarbeit, Abschlussarbeit)

Das Gegenstück zur theoretischen Literaturarbeit ist eine, oft pra- xisnahe, empirische Arbeit. Im Zuge einer empirischen Ab- schlussarbeit werden eigene Daten erhoben oder bereits existente Datensätze analysiert, um neue Erkenntnisse zu gewinnen. Grundsätzlich kann eine empirische Arbeit dabei qualitativ oder quantitativ sein – das Vorgehen ist jedoch immer dasselbe. Zuerst wird eine Forschungsfrage formuliert und Hypothesen gebildet, dann wird die Datenerhebung geplant, durchgeführt und aus- gewertet, bevor zuletzt die Daten aufbereitet werden, um die Hy- pothesen zu bestätigen bzw. zu widerlegen und um die For- schungsfrage zu beantworten. Bei einer empirischen Arbeit wer- den wissenschaftliche Theorien entweder neu gebildet (Hypothe- senentwicklung) oder bestehende Theorien überprüft, das heißt es wird geschaut, ob sie in der Realität Bestand haben (Hypothe- sentestung). Die drei zentralen Voraussetzungen für hochwertige empirische Forschung sind dabei:

  • Objektivität (d.h. die Ergebnisse sind nicht abhängig von Dir als Forscher)

  • Validität (d.h. die Ergebnisse beantworten Deine For- schungsfrage)

  • Reliabilität (d.h. auch bei einer Wiederholung des For- schungsdesigns kommen dieselben Ergebnisse heraus).

    Eine detailliertere Übersicht verschiedener qualitativer und quan- titativer Forschungsmethoden folgt im zweiten Teil des Buches.

Vorteile der Empirischen Arbeit

Der zentrale Vorteil von empirischen Arbeiten ist ein neuer Er- kenntnisgewinn, da Du neue Daten erhebst. Durch diese eigene Datenerhebung oder die neue Zusammenstellung bereits existen- ter Datensätze arbeitest Du außerdem sehr praxisnah an konkre- ten Fragestellungen. Vor allem wenn Du überlegst, in Kooperati- on mit einem Unternehmen zu schreiben, bieten sich empirische Arbeiten an, da es für das Unternehmen immer ein Mehrwert sein wird, im Rahmen einer strukturierten Abschlussarbeit rele- vante Fragen zu beantworten.

 

Nachteile der Empirischen Arbeit

Empirische Methoden sind in der Regel etwas aufwändiger als eine literaturbasierte Abschlussarbeit, da Du hier entweder eine eigene Datenerhebung planen und durchführen musst oder aber bereits existente Daten und Quellen für eine neue Datenauswer- tung zusammenstellen musst. Wichtig ist hier, dass Du auf jeden Fall einen etwas größeren Puffer einplanen solltest, falls es unerwartet zu Verzögerungen kommt (z.B. weil sich nicht ausreichend Umfrageteilnehmer rekrutieren lassen, weil Experten für Inter- views absagen oder weil Du Dich noch in die Details einer Statis- tiksoftware einarbeiten musst). Oftmals erschaffst Du bei empiri- schen Projekten ein künstliches Umfeld (sogenannte Laborbedin- gungen), wenn Du beispielsweise ein Experiment durchführst, oder Du eine bestimmte Gruppe hast, die bei Deinen Interviews oder Deiner Umfrage überrepräsentiert ist (beispielsweise Studie- rende). Daher sind die Ergebnisse nur sehr selten ein direktes und realistisches Abbild der Realität, was Du für spätere Schlussfol- gerungen im Diskussionsteil Deiner Abschlussarbeit unbedingt im Kopf behalten solltest.

 

Signalwirkung der Empirischen Arbeit

Mit dieser Art der Abschlussarbeit kannst Du zeigen, dass Du das Gebiet der empirischen Forschung und seine konkreten Metho- den verstehen und auch anwenden kannst, was Dich sowohl für weitere Studien- und Forschungsvorhaben qualifiziert, als auch für den Arbeitsmarkt attraktiv macht, in dem es heute immer häufiger darum geht, neue Daten zu erheben oder bereits vorhan- dene systematisch im Bezug auf eine einfache Fragestellung aus- werten zu können. Neben wissenschaftlichem Arbeiten kannst Du hier auch Deine Methodenkenntnis unter Beweis stellen und demonstriert anderen, dass Du beispielsweise mit computerba- sierten Statistikprogrammen wie STATA, R oder SPSS umgehen kannst, oder dass Du Experteninterviews und Gruppendiskussio- nen planen, durchführen und auswerten kannst. Zusätzlich kannst Du auch hier wieder zeigen, dass Du von einen einzelnen Thema viel verstehst und sogar schon selbst dazu geforscht hast.

 

7. Praxisarbeit (Bachelorarbeit / Abschlussarbeit)

Im Mittelpunkt einer Praxisarbeit steht ein Partnerunternehmen, da es bei dieser Art von Abschlussarbeit darum geht, möglichst praxisnah ein Problem oder eine Fragestellung aus einem Unter- nehmen zu bearbeiten. Häufig ist es so, dass das Thema oder so- gar konkrete Fragen vom Unternehmen vorgegeben bzw. gewünscht werden, da sie möchten, dass Bachelor- oder Master- studierende in ihren Abschlussarbeiten einen konkreten Mehr- wert für einzelne Abteilungen schaffen. Eine Praxisarbeit mit ei- nem Partnerunternehmen ist fast immer eine empirische Arbeit, bei der Du beispielsweise Mitarbeiter im Unternehmen in Fokus- gruppen zu internen Prozessen befragt, Experteninterviews mit Kunden zu neuen Produkten führst oder Daten aus der Produkti- on und Unternehmenskennzahlen statistisch auswertest. Diese Art der Abschlussarbeit kann daher qualitativ, quantitativ oder in einer Kombination beider Methoden geschrieben werden.

Die Besonderheit einer Case Study liegt darin, dass es hier darum geht, explizit einen Fall zu beschreiben und zu analysieren. Ein gutes Fallbeispiel ist daher relativ atypisch und ungewöhnlich (um interessante und neue Erkenntnisse zu gewinnen). Es wur- den neue Lösungswege gewählt (zum Beispiel in der Produktion, bei der strategischen Planung oder mit Blick auf Personalent- scheidungen) und bestehende Theorien oder Vorgehensweisen im Unternehmen kritisch hinterfragt. Selbstverständlich müssen nicht all diese Punkte in einer Case Study abgedeckt werden, son- dern es geht im Kern nur darum, einen interessanten Fall zu schildern, der sich vom bekannten Vorgehen unterscheidet, um daraus neues Wissen für die Praxis zu generieren. Bekannt sind vor allem die Case Studies des Harvard Business Reviews, die weltweit in Universitäten aber auch in Managementseminaren als Lehrmaterial und Anschauungsbeispiele verwendet werden, um sich mit ungewöhnlichen Problemen zu beschäftigen.

 

Vorteile der Praxisarbeit

Der wichtigste Vorteil einer Praxisarbeit ist der hohe Praxisbezug und das Arbeiten an tatsächlich relevanten Fragestellungen in- nerhalb eines Unternehmens. Die Ergebnisse und Erkenntnisse Deiner Abschlussarbeit haben einen direkten Mehrwert für das Kooperationsunternehmen, und zudem bekommst Du Einblicke in den Unternehmensalltag, die sonst im Rahmen einer Ab- schlussarbeit kaum möglich wären. Du brauchst Dir in der Regel keine Gedanken machen, wie Du an passende Daten kommst, da sie entweder direkt vom Unternehmen bereitgestellt werden oder Du sie vor Ort erheben kannst. Auch bei der Themenwahl vorab gibt es häufig Ausschreibungen von Unternehmen, die Bachelo- randen oder Masteranden suchen, die sich mit einem ganz kon- kreten Thema beschäftigen, sodass sich eine Praxisarbeit auch dann anbieten kann, wenn Du selbst noch kein genaues Thema im Hinterkopf hast. Eine Praxisarbeit schreibst Du meistens wäh- rend eines Praktikums oder einer Werkstudententätigkeit im Un- ternehmen, sodass Du außerdem auch immer einen Betreuer und direkten Ansprechpartner für offene Fragen hast, was neben dem Betreuer der Hochschule ein zweiter wichtiger Partner bei der Abschlussarbeit sein kann.

 

Nachteile der Praxisarbeit

Da Du innerhalb von Unternehmen fast immer mit sensiblen Daten arbeitest, wird Deine Abschlussarbeit meist mit einem so- genannten Sperrvermerk versehen, das heißt sie wird nicht öf- fentlich über Deine Hochschulbibliothek, die Fachschaft oder an- dere Seiten zugänglich sein, um interne Erkenntnisse und Unter- nehmensgeheimnisse zu schützen. Das ist an sich gesehen kein Nachteil, Du musst Dir nur dessen bewusst sein, dass Du mit dieser Art von Abschlussarbeit keine Publikation anstreben kannst. Bei dieser Arbeit bekommst Du, wie oben bereits erwähnt, in der Regel auch einen Betreuer aus dem Unternehmen zugeteilt, der Dich beim Schreib- und Arbeitsprozess begleitet. Je nachdem, wie Dein Lehrstuhl oder Deine Hochschule organisiert sind, ist es auch möglich, dass Dein offizieller Zweitbetreuer (und damit Zweitprüfer) vom Unternehmen gestellt werden kann. Ein Nach- teil kann es hier sein, dass von Hochschule und Unternehmen un- terschiedliche Anforderungen an Dich gestellt werden, sodass Du hier besonders offen und frühzeitig kommunizieren und vermit- teln solltest. Es gilt also, unterschiedliche Auffassungen oder Ide- en von Dir, Deinem Professor und Deinem Unternehmen in Ein- klang zu bringen.

 

Signalwirkung der Praxisarbeit

Die Signalwirkung einer Praxisarbeit ist eindeutig: Du zeigst, dass Du im unternehmerischen Kontext arbeiten kannst und Er- fahrungen gesammelt hast, eine Verbindung zwischen theore- tischem Wissen und praktischen Herausforderungen herstellen kannst und das Du systematisch mit wissenschaftlichen Metho- den Fragestellungen aus der Realität beantworten kannst. Beson- ders wenn Du nach der Bachelor- oder Masterarbeit einen Berufs- einstieg planst, ist eine Praxisarbeit eine tolle Möglichkeit schon frühzeitig Kontakt zu interessanten Unternehmen herzustellen, verschiedene Abteilungen, Kollegen und Teams kennenzulernen, um dann direkt nach dem Hochschulabschluss ins Berufsleben zu starten. So ein strukturierter Einblick in ein Unternehmen kann Dir außerdem helfen zu entscheiden, ob Du nach Deiner Ab- schlussarbeit noch länger im akademischen Umfeld bleiben möchtest, ob Du erstmal ein paar Jahre arbeiten möchtest oder ob Du sogar direkt im Partnerunternehmen Deine Zukunft siehst.

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