Das Studium der Werkstoffwissenschaften hat eine wichtige Querschnittsfunktion in den Ingenieurwissenschaften inne: Es werden nicht nur neue Herstellungs- und Verarbeitungsverfahren der Werkstoffe analysiert, sondern auch die Eigenschaften und das Verhalten der Werkstoffe in der Umwelt soll sukzessive verbessert. Dabei stehen die Werkstoffwissenschaften im ständigen Wechselspiel mit den anderen Ingenieurwissenschaften – inbesondere natürlich dem Maschinen- und Fahrzeugbau, denn die verschiedenen Bauteile in komplexen Systemen bedürfen meist besonderer werkstofftechnischer Eigenschaften. Diese integrierende Funktion der Werkstoffwissenschaften ist für Studierende Herausforderung und Chance zugleich.
Das Verständnis naturwissenschaftlicher Grundlagen ist bei Werkstoffen dabei natürlich essentiell, gleichzeitig sind aber auch in den Bereichen Verfahrens- und Prozesstechnik fundierte Kenntnisse notwendig. Studierende der Werkstoffwissenschaften sind dabei in gewisser Weise Allrounder, die im Studium Kenntnisse verschiedener Gebiete aggregieren, um die Anwendungsmöglichkeiten von Werkstoffen zu verstehen, sukzessive zu erweitern und zu verbessern.
Weil Werkstoffe auch oftmals am Anfang neuer technischer Innovationen stehen und somit die Grundbedingung für Fortschritt in vielen Branchen sind, stehen Werkstoffwissenschaftler bei vielen Unternehmen natürlich hoch im Kurs. Es liegt dabei in der Natur der Sache, dass sich auch immer wieder spannende Themen für Abschlussarbeiten (Bachelorarbeiten / Masterarbeiten) bieten und Unternehmen deshalb immer auf der Suche nach Masteranden und Bacheloranden sind, die für ihre Thesis einige Monate vor Ort mitforschen. Wir stellen Euch drei aktuelle Themenfelder vor, die für Studierende der Werkstoffwissenschaften interessant sein könnten.
Thema Werkstoffwissenschaften: “Entwicklung einer standortübergreifenden, einheitlichen und optimierten Materialstrategie im Bereich Metallkomponenten”
Die Auswahl und Optimierung von Werkstoffen erfolgt immer im Spannungsverhältnis zwischen verschiedenen Zielen: Es soll sowohl eine prozesssichere Produktion gewährleistet werden können, gleichzeitig muss der Werkstoff beständig in Beschaffung und Lagerung sein und sämtliche Anforderungen an das jeweilige Bauteil sollen zu möglichst geringen Kosten erfüllt werden können.
Da viele Unternehmen bei der Beschaffung von geeigneten Werkstoffen mit verschiedenen Zulieferern zusammenarbeiten, ist es umso wichtiger bestimmte Spezifikationen der benötigten Werkstoffe klar und einheitlich zu definieren. Bei Freudenberg Sealing Technologies (FST), einem Unternehmen mit mehr als 15.000 Mitarbeitern, welches sich auf Dichtungstechnologie spezialisiert hat, ist genau dies das Szenario: Die verschiedenen Standorte des Unternehmens haben unterschiedliche Materialspezifikationen. So werden beispielsweise unterschiedliche Oberflächeneigenschaften der Werkstoffe vom Stahlhersteller gefordert.
Im Rahmen einer Bachelor- oder Masterarbeit sollen Studierende der Werkstoffwissenschaften dabei eine einheitliche Materialstrategie entwerfen. Grundlage dieser Arbeit ist dabei zunächst einmal das intensive Verständnis von den aktuell eingesetzten Werkstoffen und deren Eigenschaften. Diese sollen in gängigen Verfahren umfassend charakterisiert werden. Durch anschließende experimentelle Versuche in der Praxis soll dabei auch detailliert verglichen werden, welche Werkstoffe sich für das entsprechende Bauteil (in diesem Fall handelt es sich um bestimmte Metallkomponenten zur Versteifung bei Dichtungen) am besten eignen.
In diesem Rahmen wird dann wieder das anfangs angesprochene Zieldreieck zwischen Kosten, Prozessstabilität und Bauteileignung relevant. Entlang definierter Kriterien müssen die Versuchsergebnisse analysiert werden und anschließend eine umfangreiche Handlungsempfehlung ausformuliert werden, die dann wiederum eine standortübergreifende Materialstrategie ermöglicht, sodass metallische Dichtungen im Unternehmen zukünftig prozesssicher gefertigt werden können. Für Bachelor- und Master-Studierende der Werkstoffwissenschaften / Werkstofftechnik also eine gute Möglichkeit, um sowohl nah am Werkstoff als auch Prozess- und Geschäftsprozess-relevant zu arbeiten.
Thema Werkstoffwissenschaften / Werkstofftechnik: “Erstellung von Synthesen für Glaskeramiksysteme sowie Erfassen der entsprechenden Struktur/ Eigenschaftskorrelationen.
Studierende der Werkstoffwissenschaften werden sich – früher oder später im Studium – meist auf einen Werkstoff fokussieren und sich in den Anwendungsbereichen des Werkstoffes weiter spezialisieren. Dabei gibt es grundsätzlich fünf Werkstoffgruppen, in die sämtliche Werkstoffe unterteilt werden: Metalle, Nichtmetalle, organische Werkstoffe, anorganische nichtmetallische Werkstoffe und Halbleiter.
Viele Studierende wählen Ihren Schwerpunkt im Bereich Kunststoff, der ein anorganischer Werkstoff ist. Denn die Anwendungsbereiche von Kunststoff sind mannigfaltig. Aber auch anorganische nichtmetallische Werkstoffe, wie Glas und Keramik, sind immer noch eine sehr beliebte Spezialisierung. Ein besonderer Werkstoff in dieser Gruppe sind Glaskeramiken – also Werkstoffe, die aus Glasschmelzen durch gesteuerte Kristallisation hergestellt werden. Dabei wird die Schmelze speziell verarbeitet, sodass ein spezieller keramischer Zustand erreicht wird. Das Produkt ist dabei zwar glasähnlich, besitzt aber neue Eigenschaften. Grundsätzlich werden die Werkstoffe dabei entlang von physikalischen, chemischen, technologischen und ökologischen Eigenschaften charakterisiert.
Für Studierende, die sich im Rahmen des Werkstoffwissenschaften-Studiums auch für Glaskeramik interessieren, bietet die Schott AG aus Mainz die spannende Möglichkeit, bei Abschlussarbeiten (Bachelorarbeit / Masterarbeit) intensiv an der Weiterentwicklung dieser Werkstoffe mitzuhelfen. Im Zentrum der Abschlussarbeiten sollen dabei die Synthesen für Glaskeramiken stehen und das strukturierte Erfassen von Struktur- und Eigenschaftskorrelationen. Sukzessive soll somit das gewünschte und finale Material (der Werkstoff), durch eine Anpassung der Syntheseparameter optimiert werden. Dabei gibt es eine vielzahl von konkreten Themen, die Studierende der Werkstoffwissenschaften hier bearbeiten können. Glaskeramik wird insbesondere auch bei Kochfeldern bentutzt – eine gute Möglichkeit also auch für Studierende, die sonst in der Küche eher weniger aktiv sind.
Thema Werkstoffwissenschaften / Chemieingenieurwesen: “Kryogene elektrisch detektierte Magnetresonanz der SiC-SiO2 Grenzfläche”
Wie oben schon kurz diskutiert, fallen alle Werkstoffe in verschiedene Kategorien. Eine Kategorie sind dabei die Halbleiter, zu denen auch Silicium zählt. In den 1950er Jahren hatte Silicium – aufgrund verschiedener Faktoren – seinen großen Durchbruch als Halbleitermaterial für die Elektronikindustrie, später dann auch für die Mikrosystemtechnik. Der Werkstoff findet in vielen technischen Innovationen der heutigen Zeit Anwendung und ist somit natürlich auch als Spezialisierung für Studierende der Werkstoffwissenschaften weiterhin sehr beliebt.
Dabei gibt es im Bereich der Halbleiter viele Weiterentwicklungen: Wide band gap Halbleiter, wie Siliciumcarbid (SiC), besitzen dabei gegenüber konventionellem Silicium viele Eigenschaften, welche Transistoren neue Anwendungen unter extremen Bedingungen ermöglichen. Dabei treten jedoch einige Schwierigkeiten auf, die zu Instabilitäten der Transistoreigenschaft während des Betriebes führen. Infineon Technologies, ein Unternehmen mit mehr als 34.000 Mitarbeitern, welches innovative Halbleiter- und Systemlösungen entwickelt, sucht in diesem Themenfeld gezielt Studierende, die sich mit der Thematik im Rahmen einer Abschlussarbeit (Bachelorarbeit / Masterarbeit) näher befassen sollen.
Denn an der Grenzfläche zwischen Siliciumcarbid und seinem nativen Oxid Siliciumdioxid ist die Punktdefektdichte relativ hoch. Diese Defekte sollen reduziert bzw. elektrisch deaktiviert werden. Dazu müssen sich die Studierenden der Werkstoffwissenschaften / des Chemieingenieurwesens zunächst intensiv mit dem Defekt und dessen Beschaffenheit vertraut machen. Es bedarf also einer exakten mikroskopischen Vorstellung des Aufbaus und der Natur dieser Defekte. Die Elektronenspinresonanz ist dabei eine Methode, die von den Studierenden im Rahmen der Abschlussarbeit angewandt werden soll. In umfangreichen Experimenten sollen die Studierenden (Physik / Chemie / Werkstoffwissenschaften ) dabei insbesondere auch mit flüssigem Stickstoff agieren, um mit hochentwickelten Messmethoden bei geringer Temperatur neue Aufschlüsse und Erkenntnisse über die Natur der Defekte zu generieren.
In den Werkstoffwissenschaften bietet jede Werkstoffwissenschaft einzigartige Möglichkeiten zur Spezialisierung. Egal ob Metall, Glaskeramik oder Silicium – spannende Themen sind in den Unternehmen immer verfügbar. Unsere Themen von Unternehmen findet ihr hier: Werkstoffwissenschaften, Chemie und Physik.